Die aktuellen Fortschritte in der Bio- und Gen-technik bieten faszinierende neue Möglichkeiten für Medizin und (Land)wirtschaft – verlangen aber auch nach einer öffentlichen Diskussion über die Grenzen des ethisch Machbaren.
Die neueste Gen-Revolution heißt CRISPR/Cas und steht für ein einfaches Verfahren, das Erbgut präzise zu verändern und damit unabsehbare Risiken, wie sie mit herkömmlichen gen-technischen Verfahren verbunden waren, deutlich zu minimieren. CRISPR/Cas – auch kurz „die Genschere“ genannt - stammt ursprünglich aus Bakterien, funktioniert aber in nahezu allen lebenden Organismen. Damit eignet sich dieses Verfahren, das Genom von Mensch, Tier und Pflanze so zu verändern, dass bisher unheilbare Erkrankungen therapiert und biologische Fragestellungen auf neue (und möglicherweise umweltschonende und nachhaltige) Art und Weise gelöst werden können. Vier Beispiele sollen das verdeutlichen.
- HIV-Patienten mit einer Leukämie: Durch das Einbringen der Δ32-Mutation in den Chemokin-Rezeptor CCR5 der Blutstammzellen des gesunden Spenders könnten die Patienten nicht nur von der Leukämie, sondern auch von AIDS geheilt werden.
- Organtransplantationen: weltweit stehen nicht genügend Spenderorgane dem wachsenden Bedarf an Empfängern gegenüber. Organe aus speziell gezüchteten Schweinen könnten hier Abhilfe schaffen – wenn die Schweine gentechnisch so verändert würden, dass ihre Organe vom Immunsystem des menschlichen Empfängers akzeptiert werden.
- Mäuseplagen (z.B. am MIT in Boston). Durch eine genetische Veränderung einiger weniger Mäuse, von denen dann nur noch männliche Nachkommen gezeugt werden, könnte lokal begrenzt eine Lösung geschaffen werden, die weder Fallen noch Gift beinhaltet.
- Grüne Gentechnik: durch das Ausschalten einzelner Allergene könnten z.B. Erdnüsse für Menschen mit einer Lebensmittelallergie genießbar – statt lebensbedrohend – werden.
Bisher findet CRISPR/Cas fast ausschließlich in der Grundlagenforschung Anwendung, etwa um die Funktion bisher unbekannter Gene aufzuklären. Die Möglichkeiten in der Medizin - aber auch in der Tier- und Pflanzenzüchtung - sind jedoch unendlich und werden zukünftig jeden Lebens-bereich betreffen. Um diese biotechnische Innovation als Chance und nicht nur als Bedrohung durch eine elitäre Minderheit zu begreifen, bedarf es eines Konsenses darüber was erwünscht, sinnvoll und herkömmlichen Vorgehens-weisen möglicherweise überlegen, aber auch was akzeptabel und ethisch vertretbar ist. Deshalb darf diese Diskussion nicht auf die Elfenbeintürme Forschung oder Verwaltung beschränkt bleiben, sondern sie gehört in die breite Öffentlichkeit.
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